von Zoé
Der Club und mit ihm der Tages-Anzeiger lieferten diese Woche ein weiteres Paradestück in Sachen verfehlter Integrations-Politik. Club-Thema war der Doppelmord von Pfäffikon, von der Schlagzeile der Tagi-TV-Kritik wäre man jedoch nicht darauf gekommen: 'Schweizer Männer machen mehr Probleme als Ausländer', so die polemische Überschrift. Wohlgemerkt Schweizer Männer mit ausländischer Ehegattin. Diese Aussage hatte Carola Ernst, ihres Zeichens Leiterin der Integrationsschule Fischental (ZH), in die Club-Diskussionsrunde geworfen. Ihrer Beobachtung nach kämen so manche mit Ausländerinnen verheiratete Schweizer Männer mit der wachsenden Integration ihrer Frauen nicht klar.
Nun, inwieweit ihr Statement für Schweizer Männer ohne ausländische Ehefrau repräsentativ ist, deren Kinder zudem nicht auf eine Integrationsschule gehen, wäre die eine Sache, die zu hinterfragen wäre. Die andere ist die, dass einmal mehr wohlmeinende mediale Augenwischerei betrieben wird, um bestehenden (Image-)Problemen ihre lebensweltliche Schärfe zu nehmen. Nur zeigen Statistiken deutlich, dass häusliche Gewalt, und um die ging es in diesem Zusammenhang, zu einem signifikanten Teil ein Ausländerproblem ist: die Gewaltbetroffenheit von Frauen mit Migrationshintergrund wird höher eingeschätzt als die von Schweizerinnen, und bei den Tätern sind Männer mit Migrationshintergrund überproportional vertreten.
- Gemäss Polizeidaten der Städte Zürich (Steiner 2004) und Biel (Petignat 2007) sind bei den Tätern rund 65% Ausländer und etwa 35% Schweizer (bei einem Ausländeranteil an der Bevölkerung von rund 28%!).
- Dreimal mehr Mörder: Gemäss der Statistik des Bundesamtes für Statistik BFS zu Tötungsdelikten ist im Bereich häuslicher Beziehungen der Anteil der registrierten Tatverdächtigen unter der männlichen ausländischen Wohnbevölkerung in praktisch allen Altersgruppen deutlich höher als unter der Schweizer Wohnbevölkerung. Auf einen schweizerischen Tatverdächtigen kommen 3.1 ausländische (Zoder 2008).
- Gemäss der Prävalenzstudie von Killias et al. 2004 erhöht statistisch betrachtet bei den Charakteristiken des Partners die nicht-schweizerische Nationalität das Risiko von Gewalt in der Beziehung.
(Quelle: Informationsblatt: Häusliche Gewalt im Migrationskontext, www.ebg.admin.ch/dokumentation/00012/00442/index.html?lang.)
Es muss einen bei dieser Faktenlage stutzig machen, dass die Autoren des Informationsblatts umgehend nach Darlegung der Studienergebnisse dazu übergehen, selbige kleinzureden, indem sie mit Nachdruck auf die (selbstevidente) Tatsache hinweisen, dass die Überrepräsentation von Ausländerinnen und Ausländern sowohl auf Täter- als auch auf Opferseite es nicht erlaube, Paargewalt lediglich als Problem gewisser Nationalitäten oder Kulturen zu erklären:
"Ausländerinnen und Ausländer stellen nur eine unter weiteren Bevölkerungsgruppen mit erhöhter Prävalenz häuslicher Gewalt dar. Unterschiede können nicht allein durch den Faktor 'Staatsangehörigkeit' erklärt werden, sondern viel eher durch eine Konglomeration von anderen, z.B. sozioökonomischen Faktoren (prekäre Einkommens- oder beengende Wohnverhältnisse etc.) oder das Alter (unter jungen Menschen ist Paargewalt verbreiteter) erklärt werden. Das heisst, auch Schweizer und Schweizerinnen werden unter einer ähnlich hohen Belastung durch Risikofaktoren in vergleichbarem Masse gewalttätig."
Während hier zunächst der Eindruck entstehen soll, dass Schweizer Männer ebenso oft zuschlagen würden, wenn es beispielsweise schlecht um die Haushaltskasse bestellt wäre, wird an späterer Stelle auf die Rolle der Kultur als Faktor von häuslicher Gewalt eingegangen. Allerdings folgen auch hier auf die Benennung des Problems sogleich die gängigen (selbstevidenten) Beschwichtigungsfloskeln: "Verschiedene Studien zeigen, dass kulturelle Aspekte wie gewaltbejahende und gewalttolerierende Normen, starre Rollenbilder mit stereotypen Werten von überlegener Männlichkeit und untergeordneter Weiblichkeit etc. das Risiko häuslicher Gewalt erhöhen. Kultur als alleinigen Grund für Gewalt zu nennen, entspricht der Komplexität von Gewaltsituationen jedoch nicht und lenkt von einer differenzierteren Betrachtung der Entstehungsbedingungen häuslicher Gewalt ab.“
Sehen wir uns die Zusammenfassung der Studienergebnisse noch einmal nüchtern an:
- Ausländerinnen laufen statistisch betrachtet stärker Gefahr, Opfer von häuslicher Gewalt zu werden als Schweizerinnen.
- Ausländer sind häufiger unter den Tätern zu finden als Schweizer.
- Der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung von ca. 20 Prozent unterstreicht das überproportionale Auftreten von häuslicher Gewalt in bestimmten Migrantenkreisen zusätzlich.
Zur Erklärung der Überproportionalität wird eine Vielzahl von Faktoren herangezogen, darunter sozioökonomische, demografische und kulturelle. Deren Zweck ist aber offenbar nicht, das Problem klar zu umreissen. Vielmehr soll verbale Beschönigung betrieben werden, um die erwiesene Überproportionalität zuletzt hinter einer forcierten Verallgemeinerungen des Problems in den Hintergrund treten zu lassen.
Cui bono, fragt man sich da einmal mehr.